Der Brei sei mit Dir
Verfasst: Sonntag 2. Dezember 2012, 20:56
Tagebuch
Tag 0:
Heut is Welt-Klo-Tag, Tag des Mannes und Tag der Suppe. Passt irgendwie alles zusammen.
Sogar für mich, denn ich hab Welt-Abführtag. Zimmerkollegin im Krankenzimmer ist gefühlte 90.
Im Kopf aber total fit.
Tag 1:
(Nachtrag) Hab fast alles verschlafen. Beruhigungstablette wirkt scheinbar wunder. Auf dem Weg
in die OP-Vorbereitung werd ich wach. Siggi, der medizinische Intensivpflegefachkraft-Mann
verkabelt mich und textet mich zu, schätzt mich auf 30. Wir sehn uns beide tief in die Augen.
Die Augen des Mannes hinter der OP-Maske müssen grinsen. Ich auch. Wir beide wissen das war nur
ein Patientenentspannungswitz. BUMMM.
Später. "FRAU D. WEITERATMEN!!!!" verdammt is das dunkel hier. Warum machen die kein Licht an?
Achso, verstehe. 'Der Geist ist willig, doch das Fleisch.....' In meinem Fall die Augenlider. Egal.
Ich wär sogern bei der OP dabei gewesen. Ok, war ich ja auch irgendwie. Wieder: "FRAU D!!! WEITERATMEN!!"
Ach stimmt ja, ganz vergessen.
Tag 2:
Anderes Zimmer. Helga (74) ist mir 2 Tage voraus. Häng noch an Schläuchen. Erster Versuch aufzustehn
klappt nicht. Kreislauf versagt. Blutdruck 90 zu 60. Mehr geht heut nicht.
Tag 3:
Rechte Hand ist dick. Komischer roter Streifen am Unterarm. Venenentzündung. Folge: Ich werden
entschlaucht. Allerdings MUSS ich jetz auch aufstehn, dabei knüppeln mich die Schmerztabletten um.
Hab Fotos von der OP gesehn, musste allerdings abbrechen und der Doc hat mich auf seinem Bürorollstuhl
zurück ins Bett buxiert. Alles noch bissl wirr.
Hab die Schwester überredet, dass meine Blähungen und ich jetz reif sind für Breikost. Bingo.
Spaß mit Helga. Wir witzeln rum was das Zeug hält.
Tag 4:
Visite. "Schmerzen?" "Ja.!" "Ok. Dann noch weiter Opiate" *geil* (Vlt kann ich was vom dem Zeug bunkern)
"Winde?" "Jawollja. Pupsen kann ich prima!" *Doc grinst*
"Stuhlgang?" "Ne, nur klein. Material kommt noch nicht." "Weiter Breikost" *verdammt*
Highlicht des Tages: Ich darf duschen!!!
Es geht aufwärts. Beim spazieren aufm Flur kommt mir eine Schwester entgegen. Ich bestelle einen
Latte Macciato mit fettfreier Sojamilch und vanilleangereicherten Schokoflakes auf Zimmernummer 553.
Ich grinse. Neeee, Spaß, ich brauch nachm Duschn wieder diese sexy halterlosen Strümpfe. Aufatmen.
Tag 5:
Immer noch kein Stuhlgang. Haben die den Darm an die Blase angetackert? Vorne klappt das nämlich
wunderbar. Den Rest schwitz ich raus. Muss ich morgen mal nachfragen. Helga und ich spielen mit dem
Gedanken, in der Krankenhausküche nach Schwarzwälderkischtortenbrei zu suchen. Verwerfen aber den Plan
wieder. Langsam fühl ich mich im 5.Monat schwanger. Der Brei von 3 Tagen muss doch irgendwo hin.
Abends. Helga sieht fern, mit Kopfhörer. Sie atmet tief und regelmäßig. ok, sie schläft. Ich roll mich
aus dem Bett und komm mir dabei vor wie ein Käfer in Rückenlage, nur dass ich den Buckel aufm Bauch habe.
Schleich mich zu Helgas Bett, TV aus, nimm ihr den Kopfhörer ab, heb ihren Arm vom Kabel ..... da wacht
sie auf looool sieht mich an als wär ich ihr im Traum erschienen. "Weiterschlafen!" flüster ich "ich
entkabel dich blos. Wir müssen sooo lachen, dass die Nachtschwester zur Kontrolle kommt.
Tag 6:
Chefarzt verordnet was, damit die Verdauung in gang kommt. Mal sehn wen es zuerst zerreist. Entweder mich
oder die Kloschüssel. Nen Sprung haben wir beide. Der Brei sei mit dir.
Ok, Mittel wirkt, da bahnt sich was an, jetz aber schnell ...... durchschlagende Wirkung, dafür jetz
Kreislauf im Arsch.
Gelegenheit die Weihnachtspost zu erledigen.
Helga ist schon einen ganzen Tag ohne Schmerztabletten. Ich dagegen nehm was ich kriegen kann.
Tag 7:
Helga wird heute entlassen. Zum Abschied vergleichen wir unsere Bauch-OP-Nähte.
Umzug in ein Kassen-Zimmer. Jetz also keinen kostenlosen TV, Tageszeitung und Flüssigseife mehr. Dafür
ein weiteres Bett und einen Balkon mit Straßenblick statt Burgpanorama. Aber eine Nacht ein ganzes Zimmer
für mich alleine. Ein Bierchen wär jetz was. Eiskalt.
Tag 8:
Kein Spontanstuhlgang. 2 neuen Zimmerkolleginnen bekommen. Mal sehn wie die Nacht wird. Wenn ich nicht
schlafen kann, werd ich die KH-Bar suchen gehn.
Die Nacht wird die Hölle. Die eine Neue ist voll anstrengend. Hab mir schon ne Schlaftablette bestellt,
hör jetz AC/DC und les gleichzeitig irgendwas von Doris Dörrie.
Ooooh baby, let me rock, let me rock, let me rock in peace. *luftgitarre* yyyyeeeaaaah let me rock in
peace ..... feels gooood. Rock, rock, rock in peace.
Mist. KH-Bar ist nur für Ärzte. Cafeteria hat auch schon zu. Die neue neben mir schnarcht wie ne
Beatmungsmaschine. Vlt sollte ich ihr die Kopfhörer aufsetzen und sie schlummert bei Airbourne dann etwas
ruhiger.
Tag 9:
Ich darf heim. Ohmann, was freu ich mich auf meine Familie. Bei der Visite bekomm ich ein Foto von der
Naht. Also die, die man im Normalfall nicht mehr zu sehn bekommt. Sieht irgendwie aus, wie die
Kanalbefahrungsvideos, die u.a. auf Arbeit ausgewertet werden.
Ich packe den letzten Krempel ein und mach mich auf den Weg, immer schön langsam. Sous-Chef fängt mich
mit strahlendem Lächeln noch auf dem Flur ab. Der Befund ist da. Alles gut.
Leute, mir ist sehr wohl bewusst, dass es wesentlich dramatischere Schicksale gibt. Ich hatte bisher
Sauglück mit meiner Gesundheit und weiß das sehr zu schätzen.
In diesem Sinne. "Xundheit!"
Habt Spaß im Leben. KEEP ON ROCKIN'!!!
Tag 0:
Heut is Welt-Klo-Tag, Tag des Mannes und Tag der Suppe. Passt irgendwie alles zusammen.
Sogar für mich, denn ich hab Welt-Abführtag. Zimmerkollegin im Krankenzimmer ist gefühlte 90.
Im Kopf aber total fit.
Tag 1:
(Nachtrag) Hab fast alles verschlafen. Beruhigungstablette wirkt scheinbar wunder. Auf dem Weg
in die OP-Vorbereitung werd ich wach. Siggi, der medizinische Intensivpflegefachkraft-Mann
verkabelt mich und textet mich zu, schätzt mich auf 30. Wir sehn uns beide tief in die Augen.
Die Augen des Mannes hinter der OP-Maske müssen grinsen. Ich auch. Wir beide wissen das war nur
ein Patientenentspannungswitz. BUMMM.
Später. "FRAU D. WEITERATMEN!!!!" verdammt is das dunkel hier. Warum machen die kein Licht an?
Achso, verstehe. 'Der Geist ist willig, doch das Fleisch.....' In meinem Fall die Augenlider. Egal.
Ich wär sogern bei der OP dabei gewesen. Ok, war ich ja auch irgendwie. Wieder: "FRAU D!!! WEITERATMEN!!"
Ach stimmt ja, ganz vergessen.
Tag 2:
Anderes Zimmer. Helga (74) ist mir 2 Tage voraus. Häng noch an Schläuchen. Erster Versuch aufzustehn
klappt nicht. Kreislauf versagt. Blutdruck 90 zu 60. Mehr geht heut nicht.
Tag 3:
Rechte Hand ist dick. Komischer roter Streifen am Unterarm. Venenentzündung. Folge: Ich werden
entschlaucht. Allerdings MUSS ich jetz auch aufstehn, dabei knüppeln mich die Schmerztabletten um.
Hab Fotos von der OP gesehn, musste allerdings abbrechen und der Doc hat mich auf seinem Bürorollstuhl
zurück ins Bett buxiert. Alles noch bissl wirr.
Hab die Schwester überredet, dass meine Blähungen und ich jetz reif sind für Breikost. Bingo.
Spaß mit Helga. Wir witzeln rum was das Zeug hält.
Tag 4:
Visite. "Schmerzen?" "Ja.!" "Ok. Dann noch weiter Opiate" *geil* (Vlt kann ich was vom dem Zeug bunkern)
"Winde?" "Jawollja. Pupsen kann ich prima!" *Doc grinst*
"Stuhlgang?" "Ne, nur klein. Material kommt noch nicht." "Weiter Breikost" *verdammt*
Highlicht des Tages: Ich darf duschen!!!
Es geht aufwärts. Beim spazieren aufm Flur kommt mir eine Schwester entgegen. Ich bestelle einen
Latte Macciato mit fettfreier Sojamilch und vanilleangereicherten Schokoflakes auf Zimmernummer 553.
Ich grinse. Neeee, Spaß, ich brauch nachm Duschn wieder diese sexy halterlosen Strümpfe. Aufatmen.
Tag 5:
Immer noch kein Stuhlgang. Haben die den Darm an die Blase angetackert? Vorne klappt das nämlich
wunderbar. Den Rest schwitz ich raus. Muss ich morgen mal nachfragen. Helga und ich spielen mit dem
Gedanken, in der Krankenhausküche nach Schwarzwälderkischtortenbrei zu suchen. Verwerfen aber den Plan
wieder. Langsam fühl ich mich im 5.Monat schwanger. Der Brei von 3 Tagen muss doch irgendwo hin.
Abends. Helga sieht fern, mit Kopfhörer. Sie atmet tief und regelmäßig. ok, sie schläft. Ich roll mich
aus dem Bett und komm mir dabei vor wie ein Käfer in Rückenlage, nur dass ich den Buckel aufm Bauch habe.
Schleich mich zu Helgas Bett, TV aus, nimm ihr den Kopfhörer ab, heb ihren Arm vom Kabel ..... da wacht
sie auf looool sieht mich an als wär ich ihr im Traum erschienen. "Weiterschlafen!" flüster ich "ich
entkabel dich blos. Wir müssen sooo lachen, dass die Nachtschwester zur Kontrolle kommt.
Tag 6:
Chefarzt verordnet was, damit die Verdauung in gang kommt. Mal sehn wen es zuerst zerreist. Entweder mich
oder die Kloschüssel. Nen Sprung haben wir beide. Der Brei sei mit dir.
Ok, Mittel wirkt, da bahnt sich was an, jetz aber schnell ...... durchschlagende Wirkung, dafür jetz
Kreislauf im Arsch.
Gelegenheit die Weihnachtspost zu erledigen.
Helga ist schon einen ganzen Tag ohne Schmerztabletten. Ich dagegen nehm was ich kriegen kann.
Tag 7:
Helga wird heute entlassen. Zum Abschied vergleichen wir unsere Bauch-OP-Nähte.
Umzug in ein Kassen-Zimmer. Jetz also keinen kostenlosen TV, Tageszeitung und Flüssigseife mehr. Dafür
ein weiteres Bett und einen Balkon mit Straßenblick statt Burgpanorama. Aber eine Nacht ein ganzes Zimmer
für mich alleine. Ein Bierchen wär jetz was. Eiskalt.
Tag 8:
Kein Spontanstuhlgang. 2 neuen Zimmerkolleginnen bekommen. Mal sehn wie die Nacht wird. Wenn ich nicht
schlafen kann, werd ich die KH-Bar suchen gehn.
Die Nacht wird die Hölle. Die eine Neue ist voll anstrengend. Hab mir schon ne Schlaftablette bestellt,
hör jetz AC/DC und les gleichzeitig irgendwas von Doris Dörrie.
Ooooh baby, let me rock, let me rock, let me rock in peace. *luftgitarre* yyyyeeeaaaah let me rock in
peace ..... feels gooood. Rock, rock, rock in peace.
Mist. KH-Bar ist nur für Ärzte. Cafeteria hat auch schon zu. Die neue neben mir schnarcht wie ne
Beatmungsmaschine. Vlt sollte ich ihr die Kopfhörer aufsetzen und sie schlummert bei Airbourne dann etwas
ruhiger.
Tag 9:
Ich darf heim. Ohmann, was freu ich mich auf meine Familie. Bei der Visite bekomm ich ein Foto von der
Naht. Also die, die man im Normalfall nicht mehr zu sehn bekommt. Sieht irgendwie aus, wie die
Kanalbefahrungsvideos, die u.a. auf Arbeit ausgewertet werden.
Ich packe den letzten Krempel ein und mach mich auf den Weg, immer schön langsam. Sous-Chef fängt mich
mit strahlendem Lächeln noch auf dem Flur ab. Der Befund ist da. Alles gut.
Leute, mir ist sehr wohl bewusst, dass es wesentlich dramatischere Schicksale gibt. Ich hatte bisher
Sauglück mit meiner Gesundheit und weiß das sehr zu schätzen.
In diesem Sinne. "Xundheit!"
Habt Spaß im Leben. KEEP ON ROCKIN'!!!